Begriff -Niederes Drama-

Ein Skandal jagt den nächsten. So schaffen es die Politiker genau aus diesere Verdrehtheit eine neue Normalität werden zu lassen. Wenn es mal drei Monate keinen Skandal gibt, müsste man ja an annehmen, dass die Verbrecher in Berlin ja endlich mal ihre Arbeit machen würden.

Ich las heute eine Nachricht von Foodwatch, die mir per Mail zuging.Thilo  Bode, der Geschäftsführer von Foodwatch schreibt in seiner aktuellen Rundmail: „Die Politiker müssen jetzt endlich mal kapieren, dass sie für die Verbraucher da sind, und nicht die eigentlichen Täter schützen dürfen.“

Das hat schon Wilhelm Reich irgendwo in den 1940er Jahren erkannt… Lest einfach mal „Die Rede an den Kleinen Mann“, dann wisst ihr was die Welt zerstört. Bei Reich war es für unser Verständnis ein noch etwas diffuser Begriff, er nannte es die „emotionale Pest“, ein desaströses, zerstörerisches und damit in Konsequenz selbstzerstörerisches Handeln; er schrieb die „Pest“ der unterdrückten sexuellen Triebbefriedigung zu. In letzter Konsequenz hat, so glaube ich, Reich tatsächlich Recht behalten. Nur wir wollen uns ja mit Sexualtiät nicht wirklich beschäftigen, in einer Gesellschaft, die im wesentlichen aus erwachsenen Kindern besteht, – ja, es ist in so einer Gesellschaft tatsächlich gar nicht möglich, genau diese Themen zu diskutieren, die man diskutieren müsste. Klar -kann- man darüber reden, doch es ist sehr zweifelhaft, ob dieser Diskurs bei denjenigen ankommt, die sich mit viva-tv, 1Live, PC-games und Trash-Filmen der Privatsender ja genau davor drücken wollen, sich selbst im Spiegel der Erkenntnis wahrzunehmen. Die Möglichkeiten der Zerstreuung sind bei denen, die es am nötigsten haben, einfach zu groß. Damit fallen sie hinten vom Förderband herunter. „..mir geht es eh schon so schlecht, dann macht mir ein Schüppchen Gift, ein Quentchen weniger Freiheit u. u. u. auch nichts mehr aus…“. Es sind die Kevins, Chantals, Mandys, Angelinas und Justins und zwar ihre Eltern, die sie zu besonderen Menschen machen wollen. Nicht umsonst heisst es so treffend: Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose! Aber es ist zunächst eine Diagnose über die Eltern. Sie stülpen ihren Kindern mit einem Namen etwas Äusserlichkeit über, von der sie sich eine positive Resonanz aus ihrem sozialen Umfeld erhoffen. Diese Menschen suchen die Bestätigung im Aussen, die sie auf aufgrund mangelnder innerer Substanz nicht erreichen konnten. Doch es wäre unehrlich, es auf die unteren sozialen Schichten zu begrenzen. Denn dieses Phänomen ist inzwischen in allen Schichten vorherschend, nur die etwas bessergestellten packen die Probleme noch  besser weg. Die Methoden zu verdrängen und sich selbst Schaden zuzufügen sind nur andere. Es ist kaum zu glauben, wieviele berufstätige Menschen unter 27 bereits den ersten Burn-Out hinter sich haben, das was sich die ältere Generation erst so mit 45-55 Jahren vorstellen konnte.

Also, je offenkundiger auffällig -und von der Norm abweichend- wir etwas im Aussen darstellen wollen, und damit kompensieren müssen, desto naheliegender können wir von einem Defizit ausgehen. Nun kann man sich natürlich an der Formulierung „Von der Norm abweichend“ stören. Damit meine ich, das notwendigerweise Vorhandensein von Kompensationsmechanismen, die ja letztlich aus einer Not heraus entstehen. Die Not nicht zu be-merken, was los ist, was uns traurig macht.

Hans Joachim Maaz würde die Antwort auf eine Opferisierung der Gesellschaft vielleicht mit einer Erklärung der durch die Muttervergiftung (= u. a. emotionaler Missbrauch eigener Kinder) entstehenden Schäden und Lebens- und Überlebens-Defizite geben. Ein Problem sind immer auch Traumen aus Kriegen. Wir müssen uns klar machen, dass wir aus dieser Abwärtsspirale nur herauskommen, wenn wir reinklotzen, um uns so ein Niveau zu schaffen, dass keine Angriffsfläche mehr für Destruktion in unserem Leben bietet. Vielleicht ist das ein Schlüsselsatz für eine Lebensweisheit. Solange wir anderen also eine Angriffsfläche bieten, machen wir diese durch unsere Versäumnisse bestimmte andere Menschen auch zu Tätern, also solche, die eben wiederum dafür anfällig sind Täter zu werden.

Was sagt mir das alles? Täter, Opfer und Retter sind dazu da, sich im niederen Drama selbst zu erkennen. Wir inszenieren auf der Bühne dieser Welt ein globales Drama, das aus den Milliarden kleinen Einzeldramen zusammengesetzt wird.

Doch zurück zur angesprochenen Foodwatch-Mail: Dann schreibt Bode: „Aber uns Verbraucher hat man wieder einmal für dumm verkauft.“

Klar, und das wird auch so weiter funktionieren, solange die Masse jeden Scheiss in sich hineinfrisst. Als Kinder wurden zuviele von uns dazu konditioniert, es den Eltern recht zu machen, denn sonst hätte man uns die Liebe versagt. Dass das, was da schließlich, wenn wir dann alles richtig gemacht hatten, als Liebe daherkam, gar keine Liebe sondern bloß ein Lob war „gut funktioniert Soldat, nun darfst du ruhn – doch gleich sei bereit wieder erneut zu funktionieren, sonst, ja sonst, du weisst schon“. Dieser immerwährende Druck auf uns, hat uns zu funktionierenden Selbstläufern gemacht. Wenn wir nicht die Fehler erkennen, die in unserer Programmierung einst passiert sind, dann werden wir die widrigen Gegenwart niemals meistern können, denn wir müssen in der Lage sein, unsere Programmierung jederzeit ändern zu können. Das ist jedoch nur möglich, wenn bestimmte Funktionen fehlerfrei laufen. Dazu gehören unsere Gefühle: Wut, Trauer, Angst und Freude. Alles andere was wir so fühlen, sind oft Mischungen von zwei, drei oder allen vier Grundgefühlen. Sobald sich zwei Gefühle vermischen, haben wir z. B. Depession, Sadismus, Masochismus u. v. a.

Wenn wir also (wieder) lernen zu fühlen, dann leisten wir damit einen großen Beitrag zu unserer eigenen Unbeirrbarkeit. Wenn sich das Leben in seinen Grundsätzen schon selbst in Frage stellt, kann es nicht fortdauern. Wir können, wenn wir wollen, die Mechanismen und Symptome entdecken, die uns täglich oft mehrmals in die Falle tappen lassen, und mit denen wir ein Verhalten, oft ist es ein Vermeidungsverhalten, an den Tag legen. Nur schon dass man dem Partner nicht die Meinung sagt, wo es angebracht wäre. Wenn wir den „leichten“ Weg gehen, gehen wir automatisch den schwierigen Weg. Denn der schwierige Weg ist dazu da, uns den leichten Weg aufzuzeigen. Den erkennen wir aber meist erst, wenn wir einmal den schwierigen Weg gegangen sind. Solange bleibt Erkenntnis blanke Therorie – ein Lippenbekenntnis.Wir sind keine Gehirne, wir haben einen Körper. Diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen.

Solange wir sitzen und nichts tun, fühlen wir uns in der Opferrolle wohl. Wir sind die Geschundenen, die Giftbauern sind die Bösen und die Politiker die Retter.

Das ist eine systemisches Bild aus dem so genannten „niederen Drama“. Niederes Drama spielen wir zum Beispiel, wenn wir uns bei anderen über jemanden beschweren. Es gibt viele Beispiele für niederes Drama. Wenn wir genau hinsehen, sind alle drei Gruppen am niederen Drama beteiligt. Täter, Opfer und Retter, denn alle haben etwas gemeinsam. Sie alle vermeiden in irgendeiner Weise, Verantwortung zu übernehmen.

Sehen wir uns die Täter an: Sie lügen und betrügen und bringen z. B. mit Gift kontaminierte Waren auf den Markt, sie wollen zwanghaft Geld verdienen, unter Umgehung moralischer und ethischer Grundsätze. Sie wollen für die Folgen, Vergiftungen und sonstige Schäden am Ende, wenn sie auffliegen, keine Verantwortung übernehmen. Ihr System ist oft auch so perfide aufgebaut, dass es für die Geschädigten später gar nicht mehr möglich ist, sie zur Rechenschaft zu ziehen. Hier wollen wir uns eine Frage stellen: Was ermöglicht den Tätern, Täter zu werden?
Ich behaupte: Ohne die beiden anderen Gruppen, die Opfer und die Retter, gibt es auch keine Täter.

Nächste Frage: Welche der beiden Gruppen hat am ehesten zu vertreten, dass die Opfer letztlich Opfer werden, Täter oder Opfer oder Retter?

Die Antwort kann nur lauten: Alle drei! Alle drei arbeiten Hand in Hand, alle drei Zahnrädchen greifen einwandfrei ineinander.

Ohne Opfer kein Täter, kein Retter.

Ohne Täter, kein Opfer, kein Retter.

Ohne Retter, kein Opferbewußtsein und kein Täterbewußsein.

Verantwortung trägt jeder für sich selbst. In dem Augenblick, in dem wir Verantwortung übernehmen, löst sich das niedere Drama auf.

Wir erleben täglich niederes Drama, weil soviele Menschen keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Die meisten spielen die Opferrolle und zeigen mit Fingern auf die „Täter“, davon angestochen kommt die 3. Gruppe ins Spiel, die Retter, die sich dann anmaßen zu wissen, wer Täter und wer Opfer ist oder gern selbst in die eine oder andere Rolle zu springen und selbst Täter zu werden, dann haben wir es mit verlogenen Rettern zu tun. Das finden wir nicht nur in der Politik, sondern z. B. auch in der Medizin/Pharmaindustrie wieder aber nicht nur dort, sondern auch in unserem kleinen Leben, in der Familie, bei Freunden und Bekannten.

Buchtipps:

Die Kraft des bewussten Fühlens, Clinton Callahan

Links:

http://www.raumhalten.de/possibility-management
http://www.nextculture.org/N.154.0.html?L=1