Deutsche stecken den Kopf in den Sand

Mit wem mich auch unterhalte, die Leute haben entweder keinen Schimmer, was mit Ihnen in dieser Gesellschaft passiert oder sie leugnen die politischen, gesundheitlichen, freiheitlichen Gefahren denen wir täglich ausgesetzt sind und die von Tag zu Tag krassere Zustände annehmen.

Das psychologisch betrachtet ist eine Abwehrreaktion auf ein persönliches Defizit, das dem Betreffenden mehr oder weniger bewusst ist, er es aber versucht möglichst im Unbewussten zu halten, damit er sich mit diesem Problem nicht auseinandersetzen muss.
Er versucht das Problem zu kompensieren, und hier bietet unsere Gesellschaft eine endlose Palette von Möglichkeiten. Wir stürzen uns in irgendein neurotisches Tun und blenden alles andere um uns herum einfach fast bis zur Vollständigkeit aus. Ob Kaufrausch, Messitum, extrem betriebene Hobbies, Arbeitssucht oder Workaholic-Tum, Alkohol, Drogen, Sexsucht, Fresssucht, Magersucht, Modewahn, Tatoo- und Piercing-Wahn, Extremsport, Genderspezifische Themen (sind auch nur eine Verdrängung der eigentlichen Probleme), Spielsucht in Spielcasinos. Spielhallen oder einfach am heimischen PC, – all diese Beschäftigungen, die in die Richtung eines Extrems gehen, also die schon aus der gesunden Balance gekommen sind, weisen auf persönliche Defizite hin, die Frust produzieren und die der Betroffene nicht wahr haben will, – weswegen er ja sich dieser Beschäftigungen bedient.
Diese Beschäftigungen rechtfertigen wir dann vor uns oder vor anderen, indem wir von Normalität sprechen, da es ja auch andere so halten, merken aber gar nicht mehr wie sehr und unaufhörlich wir den Eichmaßstab verändert haben. Die Abartigkeit von heute ist nämlich dann die Normalität von morgen. Als ich den im Dunstkreis von Udo Lindenberg agierenden Künstler „Rocky den Irokesen“ http://www.aref.de/Highlights/1989/rocky-der-irokese_lebenslauf.htm#udolindenberg 1982 auf seiner Tournee in unserer Stammdiskothek in Wesel mit seinen Titeln „Schluss mit dem Stuss“…etc. mit meiner Band musikalisch begleitete, habe ich diesen Menschen nach seinem Auftritt auch noch in der Bar persönlich kennenlernen können. Mein Eindruck war, dass er schon damals, 1982, eine gebrochene Seele war. Ich war damals erst 21 Jahre alt und er tat mir irgenwie leid, hatte er sich doch mit seiner Ganzkörpertatowierung zu einer Art Aussätzigen gemacht und doch war da sein Bestreben ganz klar zu spüren, wie sehr er die Nähe von Menschen und die Harmonie suchte. Was ich damals nicht ahnen konnte, dass Rocky schon 5 Jahre später sterben würde, doch sein körperlicher Zustand war schon damals sehr desolat. Er hat sich aufgerieben und extremestes versucht, alles nur für ein bisschen Beachtung und Anerkennung. Wie traurig! Ein Mensch dem möglicherweise die Nestwärme schon immer gefehlt hat und der sich nun in einem von ihm selbst initiierten -ja zwanghaften- Tun wiederfindet und der Welt, also den vielen auch wieder nur !fremden! Menschen, mit denen er dort zu tun hat. Diese Menschen, die er da jeden Tag trifft sind aber ihm Fremde und so verbringt er als Künstler sein Leben unter Fremden, die er nie wirklich tief an sich heranlässt. Doch eines hat mir Rocky non-verbal rüberbringen können: „Tue das was ich mache selbst besser nicht, es war die Sache nicht wert! Gehe den direkten Weg und stelle dich deinen Ängsten!“
Im Grunde hat „Hannibal Lector“, der Hauptdarsteller des US-Thrillers „Das Schweigen der Lämmer“ recht, und ich habe viele, viele Jahre über den Sinn seiner Worte nachdenken müssen: „Die meisten Menschen sterben aus Scham!“.  Heute ist mir klar, was er meinte. Es ist die weitverbreitete Unfähigkeit mit seinen eigenen Defiziten umgehen zu können, sich nicht selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf herausziehen zu können und sich selbst im stillen diese Scham zwar eingesteht aber nach aussen etwas anderes darstellen möchte, weil man glaubt, als schwacher Mensch nicht geliebt zu werden. Dieser Mensch, der irgendwann erkennt, wie tief er durch seine selbst gestrickte Illusion in den „Hasenbau“ geraten ist, dieser hat nun noch ein zweites Defizit. Er hat nicht gelernt umzukehren, das Rad der Fehlerkette Stück für Stück zu korrigieren und dann an einem stabilen Punkt seines Lebens noch einmal neu anzufangen. Schlicht zu sagen: Ich habe mich geirrt, Irren ist menschlich, aus Irrtümern konnte ich nun lernen, was anderen nicht beschieden ist, die dort an diesem Punkt hängengeblieben sind.

Es gibt also tausende Mittelchen, die uns den Schmerz, denn nur um den geht es, nicht spüren lassen.

Und in unserer Gesellschaft haben wir es nicht mehr mit dem Wolf zu tun, sondern mit dem Wolf im Schafspelz. Und über diese Schiene ist der Süchtige durch den „Wolf im Schafspelz“ erreichbar, -und ich behaupte, in Deutschland leben mindestens 90% Süchtige-. Er ist nicht nur erreichbar, er ist an diesem wunden Punkt ja verletzbar. Verletzbar ist nur jemand, der an einer Stelle ungeschützt ist. Wer achtsam mit sich umgeht, der ist sich seiner Schwächen bewusst und würde diese niemals vor sich selbst kaschieren, denn damit würde er sich angreifbar machen.

Ich habe als Kind und Jugendlicher schon dieses Verhalten, das unsere Gesellschaft ganz maßgeblich prägt, erlebt. Ich selbst erlebte dann auch die Ohnmacht des Kindes, die Ohnmacht des Heranwachsenden, der sich Mächtigeren gegenübergestellt sieht, die einzig und allein Unrecht begehen konnten, weil sie die Kraft und Macht dazu hatten. Das war mir als Kind schon unerträglich aber ich habe mich damit abgefunden, zu den Schwachen zu gehören.
Die wenigsten verfügen noch über derartige Erinnerungen, dass sie sich dann einmal darüber hätten klar werden können, dass sie a) um die Probleme wissen, und b) durch ihre Versäumnisse ja genau diese Probleme unserer Klassengesellschaft fördern. Doch die meisten Leute sind zu schwach sich zu wehren, weil sie es von ihren Eltern nie gelernt haben. Dieser Frust, der sich so unweigerlich bildet, bleibt ein ewig schwelendes negatives Potential in unserer Seele, und das sich auf unser unterbewusstes Handeln auswirkt.

Raucher verdrängen z. B. ihre Sucht und den Schaden, den sie in ihrem Organismus und in ihrer Psyche damit langfristig anrichten. Der Raucher ist m. E. auch der klassische Verdränger. Jedem dürfte längst dieses Verhaltenmuster aufgefallen sein. Gibt es Stress und ist eine Entscheidung angesagt, greift das schwache ICH sehr schnell erst einmal zum Glimmstängel. Der Betroffene hüllt sein Problem in Rauch, seine Emotionen betäubt er mit Nikotin und verändert dadurch seine Wahrnehmung bezogen auf das anstehende neue Problem.

Ich bin von der Schiene längst runter, die Leute zu bekehren. Mir ging es nicht ihnen eine eigene Meinung aufzuzwingen, sondern ihnen mal die Augen zu öffnen. Was mir dabei nicht klar war, wie mächtig der psychologische Abwehrapparat des Menschen ist.
Aber klar, heute erkenne ich ihn schon in geschriebenen Worten, denn wie Paul Watzlawik so schön sagte, „wir können nicht nicht kommunizieren“. Wenn ich als eine Frage stelle und keine Antwort bekomme, ist das auch eine Antwort, zumindest eine, die ich in verschiedene Richtungen interpretieren kann.

Wie wir hier in im globalen und im Allgemeinen in Europa und im speziellen in Deutschland von den Machtkranken vorgeführt werden ist schon heftig.
Darüber kann man sich aufregen und irgendwann wird man zu dem Ergebnis kommen, dass das alles nichts bringt, denn mit bloßer Aufregung verändert man ja nichts oder wenn überhaupt nur sehr wenig.

Was also tun?…sprach Zeus!

Was wir bei all den Miseren, die uns täglich umgeben, erkennen, dass wir selbst der Schlüssel zur Veränderung sind, dann haben wir schon viel gewonnen.

Was bringt das aber kurzfristig an Veränderung? Nicht viel, könnte man sagen…

Das ist nur vordergründig so. In Wahrheit wollen wir, wenn wir uns ärgern oder schimpfen die Welt verändern, aber selbst nichts praktisch dazu beitragen. Wir wollen etwas sagen und die anderen sollen gefälligst machen.
Das wäre vielleicht einfacher, würde uns aber die Möglichkeit nehmen, uns selbst in den Prozess der Veränderung zu begeben oder einfach im Prozess zu bleiben.

Aus dem Ärger spricht auch eine Angst, die Angst, es allein nicht zu schaffen, nicht zu überleben, und, jetzt kommt das Entscheidende, wenn andere nicht so reagieren wie wir es uns vorstellen, wie wir wollen, dass sie reagieren.

Dieses Agieren beruht auf einem Kontrollzwang. Wir wollen die Situation kontrollieren und damit nehmen wir uns selbst aus dem Prozess heraus, sind also praktisch dann Außenstehender.
Genau das finden wir bei Politikern, deswegen machen sie eine so wenig praktikable Poltitik, weil sie das Leben, das sich „unten“ abspielt in ihrem Bewußtsein abgespalten haben. Jemand der es nötig hat, Pseudo-Immunität zu genießen, der will gar keine Auseinandersetzung mit dem unmittelbaren Leben.

Und was uns von „dort oben“ vorgelebt wird, überträgt sich auch auf den „Volkskörper“ und ganz besonders auf jene, die ohnehin keine hohe Meinung von sich haben. So drückt sich dieses „Kontrollieren“ durch alle Instanzen bis hinunter zum einfachen Arbeiter oder Harz4-Empfänger. Der Stadtstreicher ist aus diesem System aber längst ausgestiegen. Er bezeichnet sich selbst einfach als „das Letzte“ und zahlt das im ergangene Unrecht einer Gesellschaft zurück, indem er sich als heruntergekommener Mensch tag-täglich in den Fußgängerzonen unserer heruntergekommenen Städte exhibitioniert. Einen konstruktiven Anfang will er nicht mehr machen, er hat resigniert. Die Meisten von uns haben das innerlich auch schon. Ihnen ist egal was mit ihnen und uns passiert, sie sind nur noch nicht am untersten Ende der „Erfolgs“-Leiter angekommen.
Diese innere Haltung bringt uns dazu so autoaggressiv, schlecht und unachtsam mit uns umzugehen.

Diesen Zustand können wir nur ändern, wenn wir vor unserer eigenen Tür kehren und unsere Schwächen zu Stärken machen. Wenn wir dann Kinder haben und sie in diesem Sinne großziehen und stärken, dann hat die Welt noch eine Chance in der Zukunft und wir in der Gegenwart, jetzt etwas zu tun, was uns innerlich ausfüllt und Befriedigung gibt, etwas zu tun, was wirklich einen Sinn erfüllt, für uns und für andere!

Doch nicht nur mit Kehren ist es getan, wir müssen die tiefen emotionalen Verletzungen aus unserer Kindheit eine Stimme geben, damit sie auch heilen können und auf den festen Narben unserer Wunden etwas neues Starkes wachsen kann.

Wie bin ich nun auf dieses Thema gekommen? Ich habe eben einen Artikel angelesen, in dem der Umweltmedziner Dr. Mutter sagt zu den Giften, denen wir ständig und überall ausgesetzt sind: Das Problem dabei sei: „Die Deutschen wollen davon nichts wissen!“

Natürlich ist das nicht nur auf Deutschland zu beziehen. Ich bin davon überzeugt, dass es ein Grundproblem des Menschen ist, seiner Erziehung, eine Folge der schwarzen Pädagogik.

Wir kommen nicht weiter, wenn wir dies ausser Acht lassen.

Sind wir es uns nicht wert und Ist es nicht an der Zeit, dass wir uns mehr unseren inneren Fragen widmen?  Fußen nicht alle lebenswerten äusseren Umstände darauf, dass wir innerlich mit uns im Reinen sind?

Buchtipps:

Der Lilith-Komplex, Dr. Hans-Joachim Maaz

Steuerrecht des Lebens, Dr. Holger Betrand Flottmann

Im Zeitalter der Sucht, Anne Wilson-Schaef

 

Euch einen schönen Sonntag!